Kategorie: Computer und Internet

Dessel macht den Schäuble und den-Bürgerrechtler

Die SPD hat ein großes Problem: Sie will es allen recht machen.

Das neueste Beispiel dafür liefert Andreas Dressel, SPD-Innenexperte der Bürgerschaftsfraktion in Hamburg. Einerseits kritisiert er die Enthaltung Hamburgs im Bundesrat bei der Abstimmung über das neue BKA-Gesetz. Er macht also den Schäuble:

Es hätte Hamburgs Verantwortung nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gut zu Gesicht gestanden, diesem Kompromiss [zwischen Bundestag und Bundesrat zum BKA-Gesetz] zuzustimmen.

Andererseits weist er auf Mängel im Hamburger Polizeirecht hin, das in einigen Bereichen in Konflikt mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts steht. Darauf berufe sich der grüne Justizsenator Steffen zwar immer, aber geändert habe sich am Gesetz auch nichts.

Was mache ich bei der nächsten Wahlentscheidung aus diesen Aussagen? Bei der Kritik am Hamburger Polizeigesetz stimme ich ihm ja zu. Andererseits macht er beim BKA-Gesetz den Schäuble und sich und die SPD damit nicht wählbar.

Ein Befürworter von mehr Überwachung wird Dressel und die SPD mit umgedrehter Begründung nicht wählen können.

So landet die SPD dann bei 20 Prozent.

Pfeifen im Walde

Man kann den Zugang zu Seiten oder deren Inhalte im Internet sperren. Für den naiven Internetnutzer sind sie dann auch nicht mehr zugänglich. Aber wer daran ein Interesse hat und sich halbwegs auskennt, der wird es immer schaffen, an diese Sachen zu gelangen. (Informatik-Professor Andreas Pfitzmann bei sueddeutsche.de zu den Sperrungsplänen von Frau von der Leyen.)

Das ist Pfeifen im Walde.

Die Internettechnik entwickelt sich immer noch schnell. Was heute technisch unmöglich scheint, wird in kurzer Zeit selbstverständlich sein. Die rasche Entwicklung des Internets ist dafür selbst der beste Beweis.

Auch die oft zitierte anarchische Struktur des Internets konnte nur in einer freien Gesellschaft entstehen. Ein totalitärer Staat hätte von Anfang an Kontrollen und Sperren eingebaut. Und für einen zentralistischen Aufbau des Netzes gesorgt.

Es braucht nicht viel Technik und aus dem freien Internet wird ein zentral kontrolliertes Netz. Die Voraussetzungen sind da: Der größte Teil des deutschen Internetverkehrs läuft über die Switche von DE-CIX. Die eine große Ausnahme bildet nur die Telekom. Diese zentralisierte Technik ließe sich schnell unter staatliche Kontrolle bringen.

Nicht nur totalitäre Staaten wie China arbeiten am kontrollierten Netz. Auch Australien baut an einem Filtersystem für das Internet.

In zehn Jahren wird das Internet immer noch Internet heißen. Aber es wird kein freies Netz mehr sein.

1:30 galten früher als zu kurz

Früher (ja, ich weiß, Opa erzählt mal wieder vom Krieg ;-), vor dem Internet, war das Fernsehen der Lieblingsfeind der sogenannten Medienkritiker.

Lieblingsobjekte der Kritik waren nur 1:30 (in Worten: eine Minute und dreißig Sekunden) lange Berichte in Tagesschau und Heute. „Viel zu kurz!“, klagten Medienkritiker, „da bleibt keine Zeit, um ein Thema ausführlich zu erörtern.“

Heute beklagen sich die Ersten, dass der Spiegel keinen Twitterstream hat. Und medienlese.com hat die erste „Hitliste“ von Twitterstreams deutscher Medien erstellt. Zur Erinnerung: Eine Nachricht bei Twitter hat maximal 140 Zeichen.

Wie sich die Zeiten ändern.

Eine feste Burg ist meine Domain

Ich bin schon fast 40. Ich weiß noch, was das Mausnetz war, ich hatte einen Zugang zum Comlink-Mailboxnetz.

Ich lebte auf dem Land. Internetzugang war unbezahlbar. Dann kam AOL und der Internetzugang kostete nur noch zehn Pfennige in der Minute. Plus Telefongebühren selbstverständlich.

Das war die Zeit der geschlossenen Onlinegesellschaften. Kunden von CompuServe lebten auf einem anderen Planeten als Nutzer des Mausnetzes.

Irgendwann funktionierte wenigstens E-Mail. Es war nicht selbstverständlich, dass ein AOL-Kunde an einen BTX-Teilnehmer eine E-Mail schreiben konnte.

Mit „dem Internet“ kam der große Vereinheitlicher, offene Standards setzten sich durch. E-Mail-Adressen sahen alle gleich aus. Jeder konnte mit jedem kommunizieren und auch jeder für jeden Inhalte ins Netz stellen.

Schon kam der Kommerz und mit ihm wieder die ersten Zäune: Instant Messaging. Der erste große Anbieter war ICQ, aber auch bei AOL konnte man sich schnelle Nachrichten schicken. Bis heute leben die Nutzer dieser Systeme in verschiedenen Welten. Manche in mehreren, um ja mit jedem reden zu können.

Jetzt sind Facebook, Xing, Twitter, StudiVZ, Flickr und wie sie alle heißen hinzugekommen. Alles schön umzäunte Communities. Mancher dieser Dienste beherrscht sein Segment so sehr, dass er fast alternativlos ist. Wer bei einem solchem Dienst in Ungnade fällt, ist weg, der existiert online nicht mehr.

Zwischen Xing und Facebook fließen nicht einmal E-Mails. Geschlossene Gesellschaft. Warum tun wir uns das an? Sind die Internetnutzer so vergesslich, dass sie nichts aus der Geschichte lernen? Wo ist die Wertschätzung von offenen Schnittstellen hin? Wohin die Wertschätzung von freier Kommunikation?

Sicher, es gibt Versuche, Schnittstellen zum Datenaustausch zwischen den einzelnen Diensten zu schaffen. Aber das sind Allianzen von Geschäftspartnern. Die eine gegen die andere. Am Ende wird man eben dem Opensocial-Netz von Google oder wer weiß wem angehören.

Wir sollten nicht aufhören, solche Dienste zu nutzen. Aber wir sollten uns immer klar sein, dass diese Dienste von einem Moment auf den anderen verschwinden können. Weg sind die Daten, die Kontakte, das gesammelte Wissen.

Da hilft nur: Wenigstens eine zuverlässige E-Mail-Adresse auch weiter fleißig benutzen. Eine Homepage, ein Weblog auf einer eigenen Domain haben. Dann ist man im Fall des Falles auch zu finden. Communitydienstleister benutzen, aber sich nicht auf sie verlassen.

Zertifizierungszirkus hat begonnen

Heute hat der Zertifizierungszirkus endgültig begonnen. Erste Nummer: Microsofts 70-291 bestanden.

Ende des Jahres dann hoffentlich mit dem Update für Windows Server 2008 durch. Und dann endlich die Linuxzertifizierung angehen.

Wird private Verschlüsselung verboten

Vor zweieinhalb Jahren warnte das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vor Sicherheitsrisiken bei der Benutzung von Blackberrys. Ich verlinkte einen entsprechenden Artikel bei Heise. Ein Kommentator wies darauf hin, wie gut doch die Verschlüsselung sei und dass es deshalb kein Sicherheitsproblem gäbe.

Indien macht jetzt vor, wie ein neugieriger Staat das Problem zu guter Verschlüsselung löst: Entweder Research in Motion (die Firma hinter dem Blackberry) rückt einen Generalschlüssel heraus oder der indische Markt bleibt eben zu. Die E-Mails sollen außerdem sechs Monate komplett von den Betreibern in Indien gespeichert werden. Da kann Schäuble noch was lernen. Der lässt immerhin nur die Verbindungsdaten und nicht die Inhalte speichern.

Das ist ein grundsätzliches Dilemma, das mich eher düster in die Zukunft blicken lässt: Am Ende sitzen die Behörden immer am längeren Hebel. Bei zu großer Verbreitung von Verschlüsselungstechnologien verbietet der Staat sie eben einfach.

Vorratsdatenspeicherung – Die Ja- und Neinsager

Gut, diese Abstimmung ist verloren. Ein weiterer Schritt auf dem Weg in den Überwachungsstaat.

Es war eine namentliche Abstimmung. Jeder kann wissen, wie der Abgeordnete seines Wahlkreises abgestimmt hat. Der Bundestag hat die Liste mit dem Abstimmungsverhalten veröffentlicht.

Jörg Tauss, der als Netzpolitiker der SPD gilt, hat gar nicht an der Abstimmung teilgenommen. Schade.

Hermann Scheer und Ottmar Schreiner haben sich der Stimme enthalten. Wegen solcher Sozialdemokraten bin ich bis jetzt noch nicht aus der SPD ausgetreten.

Auch bei der CDU/CSU gab es Neinstimmen.

Der Abgeordnete meines Wahlkreises – Niels Annen – hat mit Ja gestimmt. Auf seiner Homepage hat er eine persönliche Erklärung veröffentlicht. Darin begründet er seine Zustimmung damit, der SPD sei es gelungen, hohe Hürden einzuziehen. Der Gesetzentwurf trage offensichtlich nicht mehr den Makel der Verfassungswidrigkeit auf der Stirn. Annen hofft auf das Bundesverfassungsgericht. Es werde möglicherweise verfassungswidrige Teile für unwirksam erklären. Dann klagt er doch hoffentlich mit? Auf der Liste der Kläger steht er leider noch nicht.

Für diese typisch sozialdemokratische Salamitaktik habe ich kein Verständnis mehr. Er stimmt mit Ja, nur weil das Gesetz aus seiner Sicht nicht offensichtlich verfassungswidrig ist? Unglaublich. Bisher habe ich mit Erststimme immer SPD gewählt und mit der Zweitstimme taktisch mal so, mal so. Das wird sich nun wohl ändern. Erinnert mich in zwei Jahren daran!

Am selben Tag beschloss der Bundestag auch die Errichtung eines Einheits- und Freiheitsdenkmals. Welch ein Zynismus.

Hamburger Bürgerschaftswahl leicht zu fälschen

Der digitale Wahlstift, der bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 2008 eingesetzt werden soll, ist nicht sicher. Die Wahlen sind manipulierbar.

Die Taz berichtet über die Aktion des Chaos Computer Club:

Wie sich die Manipulation dieses Stifts auswirkt, demonstrierte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch an einem Bürgerschafts-Laptop, wie er auch in den Wahllokalen verwandt werden wird. Kaum hatte sie den Stift in den Computer gesteckt, erschien auf dessen Bildschirm ein großer Totenkopf statt der Benutzeroberfläche von Windows XP. Statt mitzuteilen, welchen Kandidaten Goetsch angekreuzt hatte, schleuste der Stift das Totenkopf-Programm ein.

Der Stift kann nach Angaben des GAL-Abgeordneten Farid Müller für 119 Euro bei einem Internetversandhaus erstanden werden. Die Hacker vom CCC schnitten ihn auf und ersetzten den darin befindlichen Speicherbaustein. Es könne auch der vorhandene Speicherbaustein umprogrammiert werden, sagt Frank Rieger vom CCC, das dauere bloß etwas länger. In der Abgeschiedenheit der Wahlkabine kann ein Wahlfälscher den Stift austauschen. Jeder andere der ihn benutzt, wählt dann so, wie es der Manipulator will.

Ergänzung: Ausführliche Pressemitteilung des CCC „Chaos Computer Club hackt Hamburger Wahlstift“.

Ich Spielkind

Manchmal muss ich auch ein bisschen rumspielen

Siehe auch rechts in der Seitenleiste.

Er hätte sie selbst legen müssen

Wenn die dilettantischen Bombenleger von London nicht gewesen wären, Schäuble hätte die Bomben selbst legen müssen.

Es war so absehbar und ist so langweilig: Natürlich fordert Schäuble jetzt mehr Überwachung und schärfere Gesetze. Frau Zypries ziert sich noch ein bisschen. Aber eine kleine Angstkampagne wird es schon richten.

Kanzlerin Merkel sagte gestern, es müsse eine neue Balance zwischen Sicherheit und Freiheit gefunden werden. Klar, wohin sich die Waagschale senken wird.

Die britischen Behörden dürfen manches, von dem Schäuble träumt. Sicherer ist Großbritannien dadurch nicht geworden. Die Bomben sollten nicht das angeblich so unsichere Deutschland treffen.

Überwachungskameras haben keinen einzigen der Anschläge verhindert. Wären die Autos explodiert, hätten die Kameras wunderbare Bilder für die Fernsehnachrichten geliefert. Genau das wollen die Terroristen. Denn es geht nicht um die konkrete Zerstörung. Es geht um die Angst. Und die Sicherheitspolitik, die Schritt für Schritt die freie Gesellschaft abschafft. Eine überwachte Gesellschaft kann nicht frei sein.

Was müsste ein mutiger Politiker heute sagen? Vielleicht, dass es keine Sicherheit vor Anschlägen gibt. Dass wir diese Unsicherheit ertragen müssen, wenn wir weiter in einer freien und lebenswerten Gesellschaft leben wollen.

Wie können wir den Terroristen eine Niederlage bereiten? Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir halten unsere westlichen Werte hoch. Wir ehren weiterhin Intellektuelle aus islamischen Ländern wie zum Beispiel Salman Rushdie. Wir sorgen dafür, dass ihre Bücher erscheinen können. Das wäre doch schon mal ein Anfang.