Noch vor ein paar Monaten war ich sehr optimistisch. Ich dachte, nach einer Durststrecke kämen die guten Zeiten für die SPD. Denn sie wäre die einzige Partei, die mit allen anderen Parteien koalieren könnte.

Fetter Irrtum: Eine linke Inquisition ist dabei, der SPD alle Chancen auf eine Rückkehr zu alter Stärke zu zerstören.

Die SPD konnte immer nur dann Koalitionen bilden, wenn sie bis weit ins bürgerliche Lager hinein Zustimmung fand. Brandt erreichte diese Zustimmung in der „Mehr Demokratie wagen“-Euphorie der Nach-68er-Zeit, Schmidt, weil er gemäßigt Konservative nicht erschreckte und Schröder, weil er versprach, der bessere Helmut Kohl zu sein.

Wie soll das ohne die Clements, Sarrazins und Schilys gehen? Genau: gar nicht.

Wenn sich SPD-Linke wie der bayrische Juso-Vorsitzende durchsetzen und „rechte“ Sozialdemokraten aus der Partei ausgeschlossen werden, bleibt nur ein müder Abklatsch der Linkspartei. Aber die Wähler der Linkspartei werden nicht zur SPD zurückkehren.

Die schärfsten Kritiker der SPD sind oft die eigenen Mitglieder. Ich kritisiere die SPD auch oft scharf. Das liegt aber daran, dass mir etwas an der Partei liegt.

Nach den Maßstäben, mit den Clement behandelt worden ist, müsste ich auch aus der Partei fliegen. Und mit mir so manch anderes Parteimitglied.

Auch Kurt Beck müsste gehen. Oder war sein plötzlicher Kurswechsel in Sachen Linkspartei kurz vor der letzten Bürgerschaftswahl in Hamburg etwa nicht parteischädigend? Und was ist mit Helmut Schmidt? Der verkündet auch regelmäßig seine von den Parteitagsbeschlüssen abweichende Meinung.