Reformen von Polizei- und Geheimdienstgesetzen laufen fast immer nach demselben Muster ab: Egal ob Opposition oder Regierung, egal ob rechts oder links, am Ende sind die Gesetze strenger als zuvor und erweitern die Befugnisse der Behörden oder eröffnen ihnen ganz neue Möglichkeiten. Gesetze, die den Bürgern wieder mehr Freiheiten geben und den Schutz der Privatsphäre ausweiten, sind eher die Ausnahme.

So ist es auch dieses Mal in Hamburg. Eine Reform des Polizeigesetzes muss her. Neue technische Möglichkeiten wie Handy-Ortung, Videoüberwachung und –auswertung per Software müssen geregelt werden. Und es gibt Gerichtsurteile, die eine Anpassung der Gesetze erzwingen, weil frühere Regelungen vor Gericht keinen Bestand hatten. Und nicht zuletzt möchte sich die CDU als Partei für Recht und Ordnung präsentieren und legte einen Entwurf vor, den Ronald Schill auch nicht schärfer hätte formulieren können.

Gestern stellte die SPD ihren Gegenentwurf vor. Eben nicht ganz so hart und hier und dort etwas präziser formuliert, aber auch die SPD will die bisherigen Gesetze verschärfen. Sie will damit ihren Kurswechsel in der Innenpolitik vollziehen und zeigen, dass sie aus dem Schill-Debakel gelernt hat.

An mehreren Stellen werden zur Begründung von Änderungen oder Zeiträumen (Beispiel: Dauer des Unterbindungsgewahrsams) führt die SPD Gerichtsurteile an. Leider sagt sie selbst nicht, was sie für richtig und ausreichend hält. Mir scheint, die SPD hätte gern mehr und würde bei nächster Gelegenheit die Gesetze gerne noch weiter ausweiten.

Die SPD will die Rechte von Opfern häuslicher Gewalt ausweiten. Betretungsverbote soll es künftig schon bei einfacher Gefahr für Gesund und Freiheit der Opfer geben, z.B. gegen prügelnde Ehemänner. Zukünftig soll im Widerholungsfall auch eine Ingewahrsamnahme möglich sein.

Rasterfahndungen sollen künftig von Richtern angeordnet werden müssen. Bisher reichte dazu eine Entscheidung des Senators. Bürgerschaft und der Datenschutzbeauftragte sollen die Entscheidungen kontrollieren.

Über die Auswirkungen des neuen Polizeigesetzes soll der Senat nach dem Willen der SPD alle zwei Jahre an die Bürgerschaft berichten, damit sie die Wirksamkeit und Auswirkungen der neuen Gesetze bewerten kann.

Wegen der laut SPD „besorgniserregenden Waffenbestände in der Stadt“ soll die Polizei künftig bei jeder Kontrolle nach Waffen suchen dürfen. Verdachtsunabhängige Kontrollen soll es aber nur noch in den „Grenzgebieten“ der Stadt geben (Bahnhöfe, Flugplatz, Hafen). Andererseits sollen diese Kontrollen an „Kriminalitätsschwerpunkten“ ausgeweitet werden.

An diesen „Kriminalitätsschwerpunkten“ möchte die SPD auch Videoüberwachung ermöglichen. Die Videodaten sollen nach vier Tagen wieder gelöscht werden, außer sie werden tatsächlich für die Verfolgung einer Straftat gebraucht. Es soll auch möglich sein, diese Daten per Software auszuwerten und z.B. automatisch nach Kennzeichen gestohlener Autos zu fahnden. Wiederum sollen diese Daten sofort nach der Überprüfung automatisch gelöscht werden, damit keine Bewegungsprofile erstellt werden können.

Neu geregelt werden soll die Handy-Ortung mit so genannten IMSI-Catchern bei Gefahr für Leib und Leben, z.B. bei der Suche nach Vermissten oder bei Selbstmordgefahr. Dann sollen die Mobilfunkunternehmen die Position des Handys ermitteln. Die Regelungen aus der Strafprozessordnung greifen hier nicht, weil keine Straftat vorliegt.

Beim Abhören von Wohnungen möchte die SPD aktuelle Gerichtsurteile berücksichtigen und bei Ärzten, Anwälten, Geistlichen und Journalisten das Abhören ganz ausschließen.

Den Unterbindungsgewahrsam will die SPD nur auf vier Tage ausdehnen (bisher zwei). Die CDU will es der Polizei sogar gestatten, Menschen 14 Tage „vorbeugend“ in Haft zu nehmen. Aber warum muss dieser Zeitraum überhaupt ausgedehnt werden? Immerhin will die SPD Unterbindungsgewahrsam nur bei wirklich schweren drohenden Straftaten ermöglichen.