Schlagwort: Bürgerschaftswahl Hamburg 2008

Gute Zeiten für die SPD

Ja, richtig gelesen! Dies sind gute Zeiten für die SPD. Nicht in dieser Woche, nicht in den nächsten Monaten, aber dann.

Die Öffnung nach links ist ein kluger Schachzug Kurt Becks. Damit wird der bisher eher harmlose SPD-Vorsitzende in die Geschichtsbücher der Sozialdemokratie eingehen.

Denn mittelfristig ist die Sozialdemokratie die Gewinnerin des Wandels in der Parteienlandschaft.

Die beiden Flügel der Sozialdemokratie haben in Hamburg 10%, in Niedersachsen 3,5% und in Hessen sogar 12,7% hinzugewonnen. Und die SPD allein hat in Hamburg 3,6% hinzugewonnen. Und das trotz der „Umfaller“-Kampagne der Springer- und Bertelsmannmedien.

Auch wenn die SPD in Hamburg wegen der „Linkswende“ zwei bis drei Prozent verloren hat, so gewinnt sie unter dem Strich dennoch.

Denn von schwarz-grünen Bündnissen – bald wohl nicht mehr nur in Hamburg möglich – wird die SPD profitieren. Die Wähler der Grünen, die sich einst von der SPD abwandten, könnten zu ihr oder zur Linkspartei zurückkehren.

Die CDU bevorzugte schon vor der Wahl Schwarz-Grün vor Schwarz-Gelb. FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte offen seine Enttäuschung darüber. Im eigenen Interesse wird sich die FDP für neue Bündnisse öffnen – auch für Bündnisse mit der SPD.

Die SPD kann also mit jeder Partei koalieren. Sie hat alle Möglichkeiten, Bündnisse links von der CDU zu schmieden. Wenn die Aufregung über den „Linksruck“ nachgelassen hat und Dieter Bohlen wieder die Titelblätter von Bild beherrscht, kommt die große Zeit der SPD. Und vielleicht sogar die von Kurt Beck.

Liberale Stadt ohne Liberale

Hamburg ist eine weltoffene Stadt. Hier gibt es keine CDU-Politiker, die mit ausländerfeindlicher Hetze Wahlkampf machen. Auch sonst geht es gesittet zu.

Gut, ab und zu wird es einigen Hamburgern zu langweilig. Regelmäßig taucht deshalb eine Krawallpartei auf. Das letzte Mal war es Roland Ronald (so schnell ist der wieder vergessen, dass ich nicht einmal mehr seinen Vornamen weiß!) Schill mit seiner Rechtsaußenpartei. Dieses Mal könnte es die Linkspartei werden. Mit denen haben wir Hamburger dann eine Zeit lang unseren Spaß, dann entsorgen wir die Krawallmacher auf elegante Weise.

Und weil in Hamburg jede Partei liberal ist, brauchen wie die Liberalen nicht. Die FDP bekommt in Hamburg dauerhaft kein Bein auf den Boden.

Deshalb führt die FDP einen Verzweiflungswahlkampf und versucht, rücksichtslose Raucher und uneinsichtige Hundehalter zu mobilisieren. Sie hat sonst nichts zu bieten. Und wird wohl auch nicht gewählt werden.

Doch nur eine Stimme

Bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 24. Februar gilt das erste Mal ein neues Wahlrecht.Bis jetzt habe ich mich nicht sehr für das neue Wahlrecht interessiert. Ich dachte ich weiß genug. Bei meinen ersten Kommunalwahlen in Niedersachsen habe ich meine Stimmen schließlich schon gehäufelt und verteilt.

Das soll es jetzt auch in Hamburg geben und ich dachte: „Alles klar! Jetzt verteile ich meine Stimmen auf die Parteien und Kandidaten, die ich für wählbar halte.“

Pustekuchen.

Wahlentscheidend bleibt der Landeslistenstimmzettel, auf dem ich nur eine Partei ankreuzen kann. Wie bisher. Ich kann weiter keinen Kandidaten wählen, den ich für besonders geeignet halte. „Wähle die Landesliste oder nicht!“ ist das Motto der Parteien.

Nur bei der Abstimmung im Wahlkreis kann ich kumulieren und panaschieren. Und nur dort habe ich auch Einfluss darauf, wer letztlich als Kandidat in die Bürgerschaft einzieht.

An den Mehrheitsverhältnissen ändert das aber nichts. Denn durch Ausgleichsmandate werden die Mehrheitsverhältnisse in der Bürgerschaft wieder den Ergebnissen des Landeslistenstimmzettels angepasst.

Und dafür nun der ganze Aufwand mit dem Wahlstift, der dann doch nicht eingesetzt wird? Die vielen Wahlhelfer, die drei Tage zählen sollen?

Da wären wir besser beim alten Wahlrecht geblieben.

Schuld an dem ganzen Unsinn hat die CDU. Sie hat das ursprünglich im Volksbegehren beschlossene Wahlrecht wieder gekippt und durch die jetzige verkrüppelte Version ersetzt.

Nützen wird es den etablierten Parteien. Ich kann nicht einige Stimmen an eine kleine, neue, wahrscheinlich chancenlose Partei geben und mit den anderen für einen Regierungswechsel stimmen.

Ich muss mich entscheiden.

(Informationen zum Wahlverfahren auf www.24-februar.de.)

Hamburger Bürgerschaftswahl leicht zu fälschen

Der digitale Wahlstift, der bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg 2008 eingesetzt werden soll, ist nicht sicher. Die Wahlen sind manipulierbar.

Die Taz berichtet über die Aktion des Chaos Computer Club:

Wie sich die Manipulation dieses Stifts auswirkt, demonstrierte GAL-Fraktionschefin Christa Goetsch an einem Bürgerschafts-Laptop, wie er auch in den Wahllokalen verwandt werden wird. Kaum hatte sie den Stift in den Computer gesteckt, erschien auf dessen Bildschirm ein großer Totenkopf statt der Benutzeroberfläche von Windows XP. Statt mitzuteilen, welchen Kandidaten Goetsch angekreuzt hatte, schleuste der Stift das Totenkopf-Programm ein.

Der Stift kann nach Angaben des GAL-Abgeordneten Farid Müller für 119 Euro bei einem Internetversandhaus erstanden werden. Die Hacker vom CCC schnitten ihn auf und ersetzten den darin befindlichen Speicherbaustein. Es könne auch der vorhandene Speicherbaustein umprogrammiert werden, sagt Frank Rieger vom CCC, das dauere bloß etwas länger. In der Abgeschiedenheit der Wahlkabine kann ein Wahlfälscher den Stift austauschen. Jeder andere der ihn benutzt, wählt dann so, wie es der Manipulator will.

Ergänzung: Ausführliche Pressemitteilung des CCC „Chaos Computer Club hackt Hamburger Wahlstift“.