Liebe Susanne Fischer, lieber Bernd Rauschenbach!

Das ist mir unsagbar peinlich.

Ich fahre aus Hamburg zu ihrer Lesung der Schmidtschen Pocahontas und der Tagebücher von Alice Schmidt nach Lübeck ins Günther Grass-Haus, setze mich in die erste Reihe und dann – dann schlafe ich ein.

Beinahe.

Ich bekam regelmäßig von rechts einen Stoß in die Rippen. Gut so!

Das, lieber Herr Rauschenbach, lag auch an ihrer wunderbaren, beruhigenden Stimme. Und an der Nacht mit schlechtem Schlaf vorher, ok. Und als Kind bekommt man natürlich auch zum Einschlafen vorgelesen. Frühkindliche Prägung eben. Lahme Entschuldigungen, ich weiß.

Das muss ein deprimierender Anblick gewesen sein. Oder – sagen sie mal – kommt das bei jeder ihrer Lesungen vor? Gibt es so etwas – den Lesungsschläfer?

Ihnen, Herr Kersten, verspreche ich jedenfalls, dass ich nicht einschlafen werde, wenn sie am 20. Oktober aus ihrem Buch „Arno Schmidt in Hamburg“ lesen. Ich werde mir jedenfalls Mühe geben.


4 Antworten zu „Liebe Susanne Fischer, lieber Bernd Rauschenbach!“

  1. Das kenne ich nur zu gut… Mein 1. Mal war bei einer Lesung aus der damals ersten Biographie von JPII. Der Autor, ein polnischer Priester, las, damals, 1981, und ich mittendrin im kleinen Auditorium eines niedersächsischen Pfarrheims, schlummernd.

  2. Na, dann bin ich ja beruhigt.

  3. Herr Rohlfs,

    die Pocahontas betört viele.
    Ich bin interessiert zu erfahren, wovon Sie während Ihres Kurzzschlafes träumten. Verwertbarer noch wäre dieser Stoff, hätte ihr Sitznachbar nicht die Schlafphasen unterbrochen. Ich sammle diese Erfahrungen, denn in der Tat sind Sie bei weitem nicht der einzige, der bei Pocahontas Beschreibung – vor allem bei der Erwähnung des „Mirabellenbauch“, der vielen zum Symbol für Tiefschlaf wird – meditativ in unterbewusste Welten entrückt.
    Beeindruckend, was Arno Schmidt da gelungen ist, finden Sie nicht?

    Ihr B.R.

  4. Liebe sich dieses Mal B.R. nennende, sonst auch als Karla Kolumna oder Anita bekannte Lübeck-Mitfahrerin und Ebenfalls-Erste-Reihe-Sitzende!

    Was ich geträumt habe? Dank der tatkräftigen Knuffe von rechts bin ich nicht über eine Phase zwischen Wachen und Schlaf hinausgekommen. An Träume erinnere ich mich sowieso nicht.

    Aber gerade dieser Zustand – ich höre noch, bin aber schon in einer träumerisch durchdrehenden Zwischenwelt – lässt mich das Vorgelesene umso intensiver erleben. Ich saß mit auf dem Motorrad, fuhr auf der halbrund gewölbten Straße („Iss’n ganz blödes Fahren! Äußerst merkwürdich!“) und spürte das Kopfsteinpflaster statt des auch nicht bequemen Stuhls unter meinem Allerwertesten.

    Und dann sah ich sie vor mir:

    Die Eine : 6 Fuß groß; weißgelb geringelt im zaundürren Wespenkleid, ‹Wie die Alten den Tod gebildet›; endlose Armstöcke, tiefbraune, knieten vor ihr auf dem Tisch; scheinbar Verlobungsring; Busen zumindest zur Zeit nicht feststellbar. Bussardig hakte die Nase aus dem Irokesenprofil; der ungefüge, fast lippenlose Mund; randlose Brillengläser ritten vor knallrunden Augen : ‹Hatschi!› (und das sah allerdings trostlos aus und wackelsteif, wie wenn Backsteingotik nieste oder ein Hochspannungsmast).

    Über den Mirabellenbauch schweige ich lieber…