Monat: September 2009

So darf es eben nicht bleiben

Franz Walter im Spiegel:

Kleine Zirkel, undurchsichtige Clans, durch nichts legitimierte Cliquen basteln dieser Tage in ihren Hinterstübchen an Personaltableaus. Was scheren sie die Mitglieder? Die haben dann, wenn in den Parteiloligarchien demnächst alles geklärt und abgesegnet ist, einstimmig zu nicken und uniform Folge zu leisten. Man wird ihnen herrisch von oben, aus dem Binnenraum der Cliquen, zurufen: Es sei nun keine Zeit für ausufernde Debatten und unfruchtbares Gezänk!

Ich fürchte, so wird es kommen.

Und es wird dauern, auf jeden Fall länger als die vier Jahre bis 2013.

Vielleicht sogar noch einmal genau so lange wie nach der Abwahl Schmidts? Bis die Generation Agenda 2010 aus den Ämtern gewachsen ist?

Wahlprognose Bundestagswahl 2009

Und hier die Wahlprognose für den Ausgang der Bundestagswahl.

Die Umfrage basiert auf genau einer Befragung und ist natürlich trotzdem völlig repräsentativ.

SPD:   28

CDU:  34

FDP:   12

Grüne:   11

Linke:   11

Sonstige:   4

 

Kurz: Es reicht nicht ür schwarz-gelb. Knappe Mehrheit für rot-rot-grün. Es wird eine große Koalition.

Atomistic View

Ein schönes Zitat aus der nettime-Mailingliste von Felix Stalder: (über: Jürgen Fenn)

The pirates, by and large angry white (young) men, advance primarily a negative concept of freedom (no surveillance, no copyright) in service of strong, productive individuals. Based on this atomistic view of freedom they envision organic communities of the like-minded. A kind of American-style libertarianism.

In certain contexts, like the volunteer communities of the internet, this can be a progressive position, but extended to society at large, it takes on a strong right-wing character. Because it has no sense of solidarity expect for peers, which are thought of as a select group. As long as there is infinite space to multiply the groups, as there is on-line, this is less of a problem, but off-line, this turns into exclusion.

Was wählen (3): Grüne

Ich bin eigentlich schon ganz schön grün, irgendwie.

Ich habe kein Auto. Ich fahre Bahn oder Bus, bin zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs. Ab und zu ergänzt ein Taxi oder ein Miet­wagen den Mix.

Ich kaufe den überzeugendsten Ökostrom, den ich finden konnte, keinen so genannten Ökostrom von den alten Monopol­­konzernen, die für jede Kilowatt­­stunde aus ihrem „Öko“-Tarifen an die Normal­­tarif­kunden nur eine Kilowatt­stunde Atom­strom mehr verkaufen.

Ich halte mich für liberal. Liberal in dem Sinne, dass jeder so leben soll, wie er mag. Ich habe nichts gegen „wilde“ Ehen (die wie meine eigentlich ganz schön ruhig sein können ;-) oder sonstige Formen von Lebens­gemeinschaften.

Trotz einiger Ausreißer engagieren sich die Grünen für Bürger­rechte, gegen Zensur und diskutieren offen das Urheber­recht.

Passt ganz gut. Und ich habe sie auch schon gewählt, taktisch, weil ich rot-grüne Bündnisse wollte.

Aber:

Kaum irgendwo gibt es so viele Anthroposophen, Esoteriker, Anhänger der „Alternativmedizin“ und allgemein Menschen, die vor der Moderne und besonders vor Technik schlicht Angst haben.

Ich will keine Schulen fördern, in denen Schüler ihren Namen tanzen. Der größte Mangel an unseren Schulen ist schlechter naturwissenschaftlich-technischer Unterricht. Die Grünen stehen eher für einen Unterricht, der die Kreativität fördert. Und damit ist dann gemeint: Malen und Musik.

Sie sind auf dem multikulturellen Auge blind. Deutschland ist ohne Zweifel ein Einwanderungsland. Ausgerechnet die Grünen verharmlosen die frauenfeindliche islamisch-patriarchale Kultur unter vielen Einwanderern und ihren Kindern.

Ein Einwanderungsland muss integrieren können. Dazu gehört eine gemeinsame Sprache. Doch das stellt für die Grünen offensichtlich ein Problem dar. Sie protestierten gegen den recht harmlosen Einbürgerungstest. Als eine Schule in Berlin-Wedding Deutsch zur „Pausenhofsprache“ erklärte, protestierten Grüne. Grüne engagieren sich für das frauenunterdrückende Kopftuch.

Die Grünen sind bereit, die Pressefreiheit für den multikulturellen Frieden zu opfern. Im Karikaturenstreit standen die Grünen eher auf Seiten der Islamisten. Westlichen Werten wie Meinungs­freiheit stehen die Grünen im Zweifel wohl eher kritisch gegenüber.

Unterm Strich auch hier: eher nicht.

Was wählen (2): Piratenpartei – dann eher doch nicht

Bei dieser Wahl steht eine neue Partei auf meinem persönlichen Wahlzettel: die Piraten. Sie scheinen die einzige Opposition gegen den Überwachungs- und Bevormundungsstaat zu sein, der sich seit den Anschlägen vom 11. September entwickelt.

Auf den ersten Blick eine gute Wahl. Genügend Frust nach all den ergebnislosen Protesten gegen Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren hat sich angesammelt, um einen chancenlosen Außenseiter zu wählen.

Aus dem zweiten Blick folgt eine andere Entscheidung.

Die Piraten haben ein sehr technokratisches Politikverständnis. Sie begreifen sich als Experten. Technisches Detailwissen entscheidet darüber, ob sie jemanden als Gesprächspartner ernst nehmen oder nicht.

Wer keine Ahnung hat, soll sich beraten lassen. Entscheidet sich der Beratene dann anders als gewünscht, kann dass nur an seinen bösen Absichten oder seiner Unfähigkeit liegen.

Fachkompetenz kann nie schaden. Doch der Glaube, nur ein „Experte“ könne richtige Entscheidungen treffen, hat eine Kehrseite: Zu anderen als ihren Themen haben die Internetexperten keine Meinung.

Deshalb kursiert unter Piraten die Idee, sich in Parlamenten der Fraktion einer anderen Partei anzuschließen. Einer Fraktion, die bei den Piratenthemen in ihrem Sinne abstimmt. In anderen Politikfeldern würden die Piraten dann wie diese Partei stimmen, also deren „Experten“ folgen.

Wenn es aber so ist, dass nur Experten richtige Entscheidungen treffen können, warum machen wir uns dann den ganzen Aufwand mit Wahlen und Abstimmungen? Warum nicht einfach Expertengremien regieren lassen!?

Dafür gibt es einen Grund:

Politische Entscheidungen fallen eben nicht nur auf Grundlage von vermeintlich objektiven Fakten. Politische Entscheidungen sind Wertentscheidungen.

Zum Beispiel Gesundheit: Die Entscheidung, jedem Menschen medizinische Versorgung zukommen zu lassen oder nicht, kann ich nicht auf Grund von Fakten allein treffen. Es ist eine Wertentscheidung. Bin ich der Ansicht, dass jeder für sich selbst sorgen muss, werde ich eine Krankenversicherung für alle ablehnen. Mit den Konsequenzen für Menschen mit sehr wenig Geld. Bin ich der Meinung, dass medizinische Versorgung ein Grundrecht eines jeden Menschen ist, muss ich für die Finanzierung des Gesundheitssystems mit Zwangsabgaben sorgen. Scheinbar objektive Argumente lassen sich für jede dieser Alternativen finden.

Der einzige Wert der Piratenpartei ist Freiheit. Sie wird absolut gesetzt, ähnlich wie in sozialistischen Ideologien die Gleichheit. Jede andere Orientierung scheint der Piratenpartei zu fehlen. Deshalb ist jede Meinung und jedes Weltbild gleich viel wert.

Und so akzeptiert man dann auch rechte Thesen. Ein Bodo Thiesen darf deutsche Kriegsschuld leugnen und über Gaskammern philosophieren. „Nicht Meinung der Partei, sondern nur seine Privatmeinung“, ist die Reaktion. Er behält alle Parteiämter. Ergänzung (16.9.09): Gegen Thiesen läuft ein Ausschlussverfahren. (Hinweis von Paul in den Kommentaren)

Wie naiv Piraten mit Rechten umgehen, zeigt ein Blogeintrag von Andreas Popp, Stellvertretender Vorsitzender der Piratenpartei Deutschland. Er hatte der schwarzbraunen Postille „Junge Freiheit“ ein Interview gegeben. Als Kritik in den Blogs und bei Twitter hochkam, rechtfertigte er sich, musste aber zugeben, dass er das Interview autorisiert hatte, obwohl er sich vorher bei Wikipedia über die Zeitung informiert hatte.

Einen schönen Einblick in das Denken der Piratenanhänger bietet auch die Diskussion im Heise-Forum zum Rückzug von Hubertus Grass, Bundestagskandidat der Grünen, von Abgeordnetenwatch. Grass wollte nicht zusammen mit dem NPD-Vorsitzenden Udo Voigt auf einer Plattform erscheinen. Mehrheitsmeinung der Piratenanhänger dort: Die private betriebene Plattform Abgeordnetenwatch müsse Voigt eine Plattform bieten, alles andere sei undemokratisch. Freiheit über alles eben.

So eine Wurschtigkeit will ich im Bundestag dann doch nicht sehen.

Neues Zuhause?

Vielleicht haben wir bald ein neues Zuhause? Wobei „bald“ relativ ist: Baubeginn könnte allerfrühestens 2010 sein, Einzug dann 2011.


Ehemaliges Gymnasium Uhlenhorst Barmbek „Innenhof“

Ehemaliges Gymnasium Uhlenhorst-Barmbek, Innenhof

Es geht um das ehemalige Gymnasium Uhlenhorst Barmbek, das seit einiger Zeit leer steht.

Blick vom Käthnerort

Blick vom Käthnerort

Die Stadt möchte das Gebäude gerne abreißen.

Blick auf den Osterbekkanal

Blick auf den Osterbekkanal

Eine Gruppe Bauwilliger will das Gebäude erhalten und renovieren. Dazu wollen wir eine Baugemeinschaft gründen aus 20 bis 30 Parteien.

Blick vom Innenhof

Blick vom Innenhof

Das Gebäude steht nicht unter Denkmalschutz. Dadurch kann die Fassade so renoviert werden, dass der Bau Energiesparstandards entspricht. Die Kosten sollen unter denen eines Neubaus an dieser Stelle liegen.

Barmbeker Schweiz ehemaliges Gymnasium Uhlenhorst Barmbek

Noch einmal vom Innenhof auf das Treppenhaus

Wir stehen am Anfang. Das wird ein Abenteuer. Am Ende sind wir entweder ruiniert oder wir kommen als Bauherren in irgendwelche Wohnzeitschriften.

Blick in die Osterbekstraße

Blick in die Osterbekstraße

Wir fangen erst einmal an.

Wir suchen noch Mitabenteurer. Bitte per E-Mail melden oder einen Kommentar hinterlassen! Kontakt über die Webseite der Barmbeker Schweiz.

Was wählen (1): Fragen

Die Parteien machen es uns in diesem Jahr schwer. Der Wahlkampf findet im Schlafwagen statt, es geht um Dienst­wagen und Einladungen zu Geburtstagsfeiern auf Kosten des Steuerzahlers. Die berühmten Peanuts eben.

Dabei gäbe es Themen genug, über die sich leidenschaftlich streiten ließe:

  • Wer bezahlt wie die Kosten der Wirtschaftskrise?
  • Wollen wir die Autoindustrie genauso lange und teuer künstlich am Leben erhalten wie seinerzeit den Bergbau?
  • Wie in Zukunft Renten und Pensionen bezahlen?
  • Womit zukünftig heizen? Woher elektrischen Strom bekommen?
  • Wie bewältigen wir die Folgen des Klimawandels?
  • Wie lange lassen wir unsere Soldaten noch in Afghanistan? Soll die Bundeswehr Transportrouten für Rohstoffe sichern?
  • Wie kommen wir aus der Bildungsmisere heraus? Wie brechen wir die Blockaden des Föderalismus auf?
  • Wie renovieren wir das Gesundheitssystem?

Viele Fragen und keine Antworten von irgendeiner Partei. Wer sucht, findet tief in Wahlprogrammen oder Parteitagsbeschlüssen schwammige Formulierungen. Verbindliche Aussagen von den Spitzenkandidaten gibt es nicht.

Welcher Kandidat stellt solche Fragen? Wer schlägt Lösungen vor, die wir diskutieren können?

Gebet und Meditation

Morgenlektüre in der U-Bahn und etwas gelernt über den Unterschied zwischen Beten und Meditieren. Und warum das eine in nach Selbstverwirklichung strebenden Kreisen so beliebt ist.

Lorenz Jäger schreibt in „Ausfahrt der bösen Geister“ über die erneute Verhaftung Verena Beckers. Sie steht unter dem Verdacht, den von der RAF entführten Siegfried Buback erschossen zu haben:

Nach Presseberichten waren für die Verhaftung auch Notizen von Belang, in denen sich Verena Becker fragte, ob sie für Buback beten und wie sie sich mit dem Thema Schuld auseinandersetzen solle.

Wie schief und lächerlich wäre es doch gewesen, hätte sie etwa angegeben, für Buback meditieren zu wollen.