Monat: Juni 2009

Brief an Niels Annen, SPD-MdB

Lieber Genosse Niels Annen,

ich bin ein SPD-Mitglied aus Hamburg-Niendorf. Seit ich in Hamburg bin, bin ich nur noch passives Mitglied, aber jetzt muss ich doch aktiv werden. Als Netzwerkadministrator, der seit 15 Jahren online ist, brennt mir das Thema zu sehr unter den Nägeln.

Es geht um die Netzsperren gegen Kinderpornographie.

Darüber ist in den letzten Wochen viel diskutiert worden, vielleicht nervt es dich schon.

Dennoch bitte ich dich, die Erklärung des Online-Beirats der SPD zu beachten und am Donnerstag gegen das Gesetz zur Errichtung von sogenannten Internetsperren zu stimmen. Ich stimme vollkommen mit dem Text des Online-Beirats überein.

Ich muss wieder an die Arbeit, darum kopiere ich hier den Text der Erklärung, statt selbst meine Bedenken auszuformulieren. Vielleicht kennst du ihn schon. Viele sehen in einer Zustimmung zu dem Gesetz einen so großen Fehler, dass ihre SPD-Mitgliedschaft damit steht und fällt.

Auch ich überlege, auszutreten. Dieses Gesetz steht in einer ganzen Reihe von Gesetzen, die die SPD mitbeschlossen hat und die unsere Freiheit nicht nur im Internet immer weiter einschränken. Diese Politik kann ich nicht mehr unterstützen.

Bitte stimme morgen gegen das Gesetz, ich will auch einmal wieder stolz auf meine Parteimitgliedschaft sein.

Grüße aus Niendorf

Andreas Rohlfs

Realistische Einschätzung

Küppersbusch rückt da mal was gerade:

Ich bin angenehm überrascht vom Doppelsieg der FDP. Vor ein paar Wochen bejubelten viele Blätter die 20 Umfrage-Prozent, nun haben sie das halbiert und werden für 10 Prozent noch mal als große Wahlsieger gefeiert. Das Ergebnis der SPD war immerhin exakt so schlecht, wie es erwartet wurde – da isses dann ne böse Niederlage. Es war offenkundig naiv, von den Postillionen des Neoliberalismus zu erwarten, sie überdächten ihre Positionen, nur weil sie das von den Politikern fordern jetzt.  (Friedrich Küppersbusch in der TAZ)

Aus rechts wird links

Wer in der SPD mal „rechts“ war und nicht mit der Partei in die ominöse Mitte gerückt ist, gilt heute als Linker in der SPD.

Darum arbeitet ein Herbert Ehrenberg jetzt bei der „Arbeitsgemeinschaft der SOZIALDEMOKRATEN in der SPD“ mit. Die Arbeitsgemeinschaft will, dass sich die SPD wieder auf ihre alten Werte besinnt.

Sogar der ehemalige Bundesarbeitsminister Herbert Ehrenberg ist bei der AG mit an Bord. An ihm lässt sich vielleicht am besten nachvollziehen, wovon die Arbeitsgemeinschaft Ausdruck ist. Ehrenberg ist nämlich keineswegs ein „klassischer“ Parteilinker – im Gegenteil: Der Lohnexperte gehörte einst zu den Mitgründern des Seeheimer Kreises und damit zum rechten Flügel der SPD. Sein Engagement bei der linken AG begründete Ehrenberg damit, dass die Partei immer weiter nach rechts gerückt, er aber bei seinen Positionen geblieben sei – weshalb er nun links im sozialdemokratischen Koordinatensystem angekommen ist. (Freitag)

Bei der Europawahl haben aber gerade die Parteien gesiegt, die für eine noch neoliberalere Politik als die Schröder-SPD stehen.

Das ist nur aussichtsreich, wenn viele Nichtwähler eine  nach links gewendete SPD wählen würden.