Monat: Oktober 2008

Reden

Jetzt ein völlig anderes Thema:

Arno Schmidt ist ohne Zweifel der größte Humorist deutscher Sprache.

Einige wenige Mitglieder des Literaturkreises Hamburg haben das erkannt und wollen die feine Sprache des Meisters nicht mehr nur allein genießen.

Deshalb treffen wir uns am 21. Oktober um 19:30 Uhr bei mir und reden über die „Gelehrtenrepublik“.

Wir suchen noch Mitleser und Diskutanten. Wer will, melde sich hier in den Kommentaren, per E-Mail bei mir oder im Kontaktformular des Literaturkreises Hamburg.

Schwarz-brauner Komplex

Das passt zu meiner durch den RAF-Film wiederentdeckten Abneigung gegen Deutschland:

In der Monatszeitung für Russlanddeutsche [gemeint ist das „Ost-West-Panorama“] schreiben der NPD-Vorsitzende Udo Voigt, NPD-Generalsekretär Peter Marx – und zahlreiche Christdemokraten und Christsoziale.

(Rechte ködern Russlanddeutsche, Frankfurter Rundschau vom 14. Oktober 2008)

Da ist sie immer noch, diese schwarz-braune Soße.

Das sind dieselben Leute, die – wieder zusammen mit der Springerpresse – gegen Andrea Ypsilanti agitieren, weil sie sich von der Linkspartei tolerieren lassen will.

Wer hat eigentlich etwas aus dem Terror gelernt?

Baader-Meinhof-Komplex

Baader-Meinhof-Komplex gesehen. Kein guter Film. Die komplette Vorgeschichte der Figuren, ja der ganzen BRD-Gesellschaft, fehlt völlig. Dem Film nach wird Meinhof zur Terroristin, weil ihr Mann fremdgeht. So ähnlich hätte es auch der Macho Baader sehen können.

Der Film ist ein Spiegel. Meine ersten politischen Erfahrungen sammelte ich in den Achtzigern, der Zeit der „geistig-moralischen“ Wende des Helmut Kohl. Vom RAF-Terror erinnere ich mich an die Fahndungsplakate, die überall hingen. Und an die Polizeikontrollen an den Landstraßen.

Deutschland war für mich vor allem das Land, das sechs Millionen Juden umgebracht und Europa mit zwei Weltkriegen überzogen hatte. Und diese Geschichte immer noch leugnete. Es gab Menschen, die sich für die Geschehnisse während der Nazizeit in unserem Dorf interessierten. Sie bekamen Morddrohungen und wurden als Juden beschimpft. Dieses Land war immer noch furchtbar und fruchtbar für den Nazismus. Und dann Politiker wie Strauß: „Freiheit statt Sozialismus“ plakatieren, aber selbst kritische Journalisten als Landesverräter festnehmen und Menschen, die gegen die eigenen Atom(waffen)pläne protestieren, niederknüppeln lassen.

Die RAF hasste dieses Land. Dieses Land hasste die RAF. Ich mochte dieses Land auch nicht. Hätte ich im Zweifelsfall den Aufenthaltsort eines Terroristen verraten? Ich weiß es nicht.

Diese Selbsttäuschung: Die erste Nachkriegsgeneration, die sich so sehr von der Nazigeneration absetzen wollte, hatte als Hauptfeind neben den USA schon wieder Israel im Auge. Wie ähnlich sie sich waren! Die faschistische Wahnvorstellung von der jüdischen Weltverschwörung hat die RAF durch den Wahn ersetzt, gegen einen faschistischen Staat zu kämpfen. Wäre er es gewesen, die RAF-Gefangenen wären ohne viel Aufhebens im Meer versenkt worden. So wie argentinische oder chilenische Oppositionelle.

Nach dem Film Gespräche: Eine junge Frau kann nicht glauben, dass bei den Protesten gegen den Schah persische Agenten unter den Augen der deutschen Polizei auf Demonstranten einprügeln durften. Und dass diese Polizei dann die Demonstranten mit Pferden gejagt und niedergeknüppelt hat. Dieses Land ist zivilisierter geworden dank 68.

Abstimmen ja – Unterschrift nein

Heute beim St. Pauli-Spiel in Hamburg waren sie wieder unterwegs, die fleißigen Sammler für die Volksinitiative „Eine Schule für Alle“.

Ich werde nicht unterschreiben.

Ich weiß zu wenig über das Thema. Ich kann nicht sagen, was ich für richtig halte. Ich habe in einem getrennten Schulsystem gelernt und es war in Ordnung. Aber vielleicht ist eine Gesamtschule doch besser?

Ich will die Abstimmung. Weil ich grundsätzlich für mehr Volksabstimmungen bin. Eine intensive Diskussion klärt die Positionen.

Warum ich trotzdem nicht unterschreibe?

Formal sage ich mit einer Unterschrift für die Initiative nur, dass ich für eine Volksabstimmung bin. Ob ich mit Ja oder Nein stimme, sage ich damit nicht.

Aber es gibt noch so etwas wie Öffentlichkeitsarbeit. Die Propagandisten der Initiative werden jede Unterschrift für die Durchführung der Volksabstimmung als eine Unterschrift für die Einheitsschule ausgeben.

Und das wäre meine Unterschrift nicht. Deshalb unterschreibe ich nicht.