Tag: 24. September 2008


  • Es gibt doch noch Gründe

    Manchmal weiß ich aber doch, warum ich noch in dieser Partei bin:

    Seit ihrer Gründung vor fast 145 Jahren hat sich die Sozialdemokratische Partei für die elementaren Grundsätze von Demokratie und Freiheit, Gerechtigkeit und Menschlichkeit eingesetzt. Diese Grundsätze ziehen sich wie ein roter Faden durch die Geschichte der frühen Arbeiterbewegung und der Sozialdemokratie.

    Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sind für ihre Werte eingetreten – mutig, voller Überzeugung, aus tiefer Leidenschaft. Sozialdemokraten haben für diese Werte gelitten. Sie sind verfolgt, kriminalisiert, verhaftet, eingesperrt, gefoltert und ermordet worden. Und doch haben Sozialdemokraten auch unter massivem Druck niemals ihre Vision einer wahren demokratischen Gesellschaft, niemals ihr Streben nach sozialer Gerechtigkeit aufgegeben.

    Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben weder ihre Vision noch ihr Vaterland verraten – im Gegenteil. Als Deutschland 1918 nach der politischen und menschlichen Katastrophe des Ersten Weltkriegs in Trümmern lag, als der Kaiser geflohen war und Extremisten von rechts und links die Demokratie bekämpften, da gingen Sozialdemokraten in die Verantwortung. Mit aller Kraft stützten sie die Weimarer Republik, stemmten sich gegen ihre Feinde – und mussten zusehen, wie ihre Kräfte nicht reichten. Gegen Nationalisten und Monarchisten, gegen die tägliche Verleumdung des Parlamentarismus und gegen die Perspektivlosigkeit der jungen Generation stand die Sozialdemokratie auf verlorenem Posten. Und das Heil, das viel zu viele in der rassistischen Ideologie der Nazis, in Gleichschaltung und Gleichschritt suchte, führte geradewegs in den Wahnsinn des nächsten Krieges und in den Zivilisationsbruch des Holocaust.

    Tiefer als 1945 konnten ein Land und sein Volk kaum fallen – moralisch, menschlich und politisch. Und doch gab es einen wichtigen Unterschied: Die Sozialdemokraten fühlten sich, anders als viele andere Deutsche, befreit, nicht besiegt.

    Aus einer Rede von Frank-Walter Steinmeier vor der Historischen Kommission der SPD (Text hier, Videoaufzeichnung bei SPDVision).