Monat: Juni 2005

Wahlalternative löst Spam aus

Die Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit hat ein Problem: Sie ist schuld daran, dass tausende von E-Mail-Postfächern jetzt mit Spam gefüllt werden.

Die WASG verschickt einen Newsletter. Interessenten können sich dort eintragen. Durch eine Nachlässigkeit hat die WASG Mitte Mai nicht den Text des Newsletters, sondern statt dessen die komplette Liste aller Bezieher dieses Newsletters veröffentlicht.

Im Wahlkampfeifer schießen nun einige Mitglieder und Sympathisanten der WASG etwas über das Ziel hinaus. Sie nutzen offensichtlich diese Liste, um ihre eigenen Nachrichten zu verbreiten. Jede Splittergruppe verschickt nun E-Mails. Auch die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten verschickt E-Mails mit der Bitte (PDF) um Solidarität mit einem gekündigtem Kollegen.

Ehrenwerte Ziele. Aber Datenschutz ist wichtiger. Ich werde auf keinen Fall eine Partei wählen, deren Mitglieder unverantwortlich mit Daten umgehen, die ihnen zufällig in die Hände gefallen sind.

Die WASG sieht das offenbar genau so. In einem Rundschreiben – dieses Mal an die richtige Liste – schreibt die Wahlalternative:

Wir befinden uns in einer aufregenden und aufgeregten Zeit. Jeder möchte seine Argumente möglichst weit streuen und Beachtung finden. Das ist sicher verständlich, mündet aber manchmal in Aktionen, die nicht mehr tolerierbar sind.

Die unverlangte Zusendung einer politischen Meinung ist genauso „Spam“ wie irgendeine Werbung für einen Konsumartikel. In aller Deutlichkeit sei an dieser Stelle gesagt, dass wir Spam-Aktionen und Verletzungen des Datenschutzgesetzes durch rechtswidrigen Gebrauch unserer Mitgliederdaten generell als parteischädigendes Verhalten werten – mit allen daraus resultierenden Konsequenzen.

Sollten Sie sich durch unverlangte eMails belästigt fühlen oder vermuten, dass Ihre personenbezogenen Daten unrechtmäßig an Dritte gelangt sind, möchten wir Sie ausdrücklich ermutigen, sich mit unserem Datenschutzbeauftragten (Link: http://www.w-asg.de/31.0.html) vertraulich in Verbindung zu setzen. Wir wollen alles tun, um den Schaden, der unserer Sache durch derartige vermeintlich „gut gemeinte“ Aktionen zugefügt wird, nach Kräften zu begrenzen.

Das kann ich nur unterschreiben.

Schön, dass ich für Newsletter eine eigene Adresse habe.

Noch mehr Bachmann-Bloggen und keine Empfehlung

Beim Dagbok der Wortwerkstatt gibt es einen Überblick über Blogger, die etwas zum Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb schreiben: Paperbackfighter, Melody, das Bücherblog, ferromonte, isabo und Liisa

Mein Beitrag über Herrn Vogel war übrigens keine Empfehlung für den Publikumspreis.

Ich habe es ja gerade geschafft, den Text zu lesen. Die anderen habe ich noch gar nicht gelesen. Es war zu warm in der U-Bahn, da habe ich lieber Augenpflege betrieben ;-).

Als ich den Text von Herrn Vogel das erste Mal im Acrobat Reader übeflogen habe, dachte ich, die Datei sei kaputt. Plötzlich Quellcode im Text?

In der Liste fehlt der Beitrag von Andrea, die live vor dem Fernseher bloggt:

Willkommen beim alljährlich vom Land Klagenfurt ausgetragenen Menschenmassenversuch, wieviel schlechte Literatur ertragbar ist, ohne schreiend aus dem Raum laufen zu müssen.

Sehr schön böse.

Mal sehen, ob ich mich am Samstag für einen Text entscheiden kann.

Bachmann-Wettbewerb mit Perl

Heute startete der Ingeborg-Bachmann-Wettbewerb in Klagenfurt.

Die ersten Texte gehen online.

Einer der Teilnehmer studiert auch Informatik (außerdem noch Neuere deutsche Literatur und Philosophie, wow!) und arbeitet als Web-Entwickler: Nikolai Vogel.

Das macht sich in seinen Text bemerkbar. Er las einen Auszug aus dem Roman „Plug In“:

Die Stunden herunter, den Tag hinab. Was gibt es Neues. Nichts. Den Bildschirm füllen. #!/usr/bin/perl -w Immer wieder den Kunden am Telefon. Hoffentlich ruft er heute nicht schon wieder an. $level = 0; Sie bräuchten die Lösung schnell. Immer schnell. Immer alles sofort. Heute oder morgen. Keiner, der mal sagt, lassen Sie sich Zeit, das ist alles nicht so wichtig, ich warte gerne. Haben sie sich durchgerungen, einen Auftrag zu erteilen, Geld zu bezahlen, dann muss es schnell gehen. sub crawl($) { my $dir = shift; $dir = $dir.lookup_slash($dir); my $file; $level++; Instant Karma. Keine Lust mehr heute, die ganze Woche schon keine Lust, schon lange keine Lust mehr. chdir($dir) or (warn "Cannot chdir to '$dir': $!");

Ein Weblog hat er auch.

Am Samstag kann das Publikum auch einen Preis vergeben: Per Internet.

Henryk M. Broder und die doppelten Winner

Schöne Geschichte auf Henryk M. Broders Homepage. Ein Witzbold (oder ein „Opfer“) hat seine Daten auf der Gewinnspielseite winwin.de eingegeben. Und nun will die Firma Geld von ihm.

Besonders dreist ist der folgende Absatz:

An die E-Mail-Adresse wurde am 15. März 2005 auch die Auftragsbestätigung für Ihre Anmeldung versandt. Von dem Ihnen eingeräumten zweiwöchigen Widerrufsrecht haben Sie keinen Gebrauch gemacht. Angesichts der Vielzahl der bei der Anmeldung angegebenen persönlichen Daten und der Versendung der Bestätigungsmail an Ihre E-Mail-Adresse sehen wir bisher keine Hinweise dahingehend, dass hier ein Fall von Datenmissbrauch vorliegen könnte.

Dann müsste man also auf jede Spam-Mail reagieren, in der ähnlicher Quatsch steht? Nur weil irgendwer sich einen dummen Scherz erlaubt haben könnte?

Opt-Out gehört verboten.

Noch mehr Ein-Euro-Unsinn

Vielleicht sollte ich mir so einen Journalisten für einen Euro holen, damit ich hier mehr Beiträge habe? Da kann er/sie dann ein Praktikum im Online-Journalismus mit einer zukunftsträchtigen Publikationsform (Blogs) machen.

In Hamburg dürfen sich jetzt auch Journalisten für 100 Cent pro Stunde verdingen und damit die ehemaligen Kollegen überflüssig machen

Das berichtet die Junge Welt.

Vorhersage

Erhard Eppler zur Spaltung der SPD und Neugründung einer linken Partei:

Wer dieses tut, der macht linke Politik in diesem Jahrhundert unmöglich, denn dann ist es völlig gleichgültig, ob diese linke Partei 5 oder 10 oder 15 oder sogar 20 Prozent bekommt, sie findet keinen Partner, mit dem zusammen sie Politik machen kann. Denn diese entstehende rechte SPD wird lieber eine große Koalition eingehen, als mit so einer linken Partei zu koalieren.

Nur: Dies war 1982 in einem Gespräch in Konkret zwischen Klose, Lafontaine und Eppler über die Situation der SPD am Ende ihrer ersten Regierungszeit in der Bundesrepublik.

Wie sich die Szenarien gleichen…

Und noch ein schönes Zitat von Klose:

Wenn nur der Vollzug letztlich kapitalorientierter Sachzwänge sozialdemokratische Politik wäre, dann wäre mir in der Tat meine Zeit zu schade für diese Art von Spiel.

Aber jetzt ist er immer noch da und kandidiert auch noch einmal?

Ergänzung (24.7.2005):: Der Link auf das Interview zeigt inzwischen auf einen anderen Text.

Rot-grünes Scheidungskind

Rot-Grün ist am Ende. Und ich fühle mich wie ein Scheidungskind.

Ich bin immer ein Rot-Grüner gewesen, bei jeder Seite fehlen mir Aspekte der anderen Partei: Der SPD fehlen Ideen bei den Themen Energie- und Verkehrspolitik. Hier ist sie richtig konservativ. Die Grünen sind bei der Wirtschafts- und Sozialpolitik oft zu nahe bei der FDP. Dem grünen akademischen Mittelstand fehlt oft die Bodenhaftung.

Dass ich in der SPD gelandet bin, war Zufall: Ich kannte jemanden bei den Jusos, bei den Grünen niemanden. Es gab seinerzeit keine Jugendorganisation und mit meinen Lehrern wollte ich nicht zusammenarbeiten. So bin ich Mitglied der SPD geworden.

Aber meine Hoffnung war nicht ein sozialdemokratisches Deutschland. Meine Hoffnung war das „rot-grüne Projekt“. Gemeinsam, dachte ich, sollten die beiden Parteien Deutschland zum Besseren verändern: Sozial gerecht, mit sauberer Energieversorgung und einem sozial-ökologischen Umbau der Wirtschaft, der gleichzeitig gute Arbeitsplätze schafft.

Ich war nicht der Einzige. Als sich bei einer Landtagswahl in Niedersachsen eine absolute Mehrheit für Schröder abzeichnete (ja, das gab es einmal!), war ich mir mit vielen Jusos einig: Grün wählen, um eine rein rote Regierung zu verhindern. Denn da hätte etwas gefehlt.

Aus. Vorbei. Sie haben sich getrennt. Und als Scheidungskind muss ich mich für eine Seite entscheiden.

Oder aber, politisch endlich erwachsen, neue eigene Wege gehen? Dem schwarzen Schaf der Familie, Oskar Lafontaine folgen? Oder gleich beim Nachbarn Gregor einziehen? Oder die eigene Ein-Zimmer-Wohnung?