Monat: Januar 2004

Dabei gewesen und nichts wissen

Schon merkwürdig:

Selbst dabei gewesen und trotzdem eigentlich alles unklar.

Also trotzdem versuchen, sich über die Medien ein Bild zu machen.

Hamburger Polizei jagt Antifaschisten

Heute war ich auf der Demonstration gegen den Neonaziaufmarsch in Hamburg, der sich gegen die Wehrmachtsausstellung wendete.

Dies war nicht meine erste Antifa-Demo in Hamburg. Die heutige lief eigentlich ziemlich „ordentlich“ ab, z.B. gab es keine Abweichung von der Route.

Dennoch hat die Hamburger Polizei die Demonstration kurz vor der Abschlusskundgebung recht brutal aufgelöst.

Ich habe leider nicht sehen können, was an der Spitze der Demonstration geschah. Nach Erzählungen war es so, dass die Polizei die Demonstration kurz vor ihrem eigentlichen Endpunkt stoppte. Ich vermute, dass es dann vorne zu ein paar Rangeleien gekommen ist. Daraufhin hat die Polizei ihr Programm durchgezogen, es gab Wasserwerfer- und Schlagstockeinsatz. Dann wurden die Demonstranten die Weidestraße hinunter auseinandergetrieben.

Mein Eindruck ist, dass die Polizei die Eskalation wollte. Bei früheren Demonstrationen gab es von Anfang an mehr Verstöße, zum Beispiel gegen die Route der Demonstration. Ich kann mich an eine Demonstration erinnern, bei der eigentlich nur eine Kundgebung, aber keine Demonstration genehmigt war. Dennoch ist fast die gesamte Demo in die Innenstadt auf die Mönckebergstraße gezogen. Seinerzeit wurde das von der Polizei nur begleitet. Daher ist auch nichts passiert und irgendwann löste sich die Demonstration auf. Dieses Mal wollte wohl jemand Krawall. Wahlkampf?

Aktualisierung 22:06:

Zitat aus Indymedia:

Dass die Demo ohne Ankündigung mit massivem Wasserwerfereinsatz aufgelöst wurde, ist wirklich kacke! Es ist aber nicht so, dass dies völlig grundlos geschehen sei. Während der Demo flogen kurz vor der Auflösung nicht nur Schneebälle, sondern auch Steine und Flaschen in Richtung Polizei. Ausserdem wurde mit Leuchtmunition geschossen. Ich finde es trotzdem, wie gesagt, sehr ärgerlich mit welcher unnötigen Härte die Polizei die Demo dann aufgelöst hat, ohne jede Ankündigung. Nur grundlos war dieser Einsatz eben nicht.

Mehr Berichte über die Demo in Hamburg

Mehr Berichte über die Demo in Hamburg:

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Die Demonstration und die Israel-Fahne

Antifaschismus schützt offenbar vor Antisemitismus nicht.

Als die Demonstration gegen den Naziaufmarsch startete, standen am Rand einige Demonstranten mit Israel-Fahnen und beschimpften die Teilnehmer der Demonstration.

Durch Berichte von verschiedenen Augenzeugen bei FSK kann ich mir das nun erklären.

Als sich die Demonstration aufstellte, begannen wohl einige Teilnehmer Israelfahnen zu schwenken.

Das hat wohl einige Teilnehmer der Demonstration sehr gestört. Die Fahnenträger sollen mit „Mörder! Mörder!“-Rufen aus der Demo gedrängt worden sein.

Ich bin ja bereit, auf solchen Demonstrationen so manches zu ertragen, einfache Parolen und sehr merkwürdige Meinungen.

Aber wenn ich so etwas mitbekomme, komme ich doch sehr ins Grübeln. Das ist ja eine echte Schande. Ob ich noch einmal auf so eine Demonstration gehe?
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Hamburgs Wasserwerfer verteidigen Nazis

Auch die folgende Meldung kam über FSK:

Als die Nazidemo von der Polizei für beendet erklärt wurde, wurden die Nazis nicht etwa wie die Gegendemonstranten auseinander getrieben.

Eine Reporterin des FSK berichtete, es sei zwar ein Wasserwerfer aufgefahren, aber er ziele nicht auf die Nazidemo, sondern in die andere Richtung, als ob die Nazis gegen Gegendemontranten (die gar nicht da waren) geschützt werden sollten.
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Anwohner dürfen keine Transparente hängen

Zur Nazidemo in Hamburg gerade folgende kleine Geschichte durch FSK.

Einige Anwohner der Jarrestraße, durch die rechte Demonstranten heute zogen, haben offenbar Transparente aus dem Fenster gehängt.

Die Polizei drohte damit, diese Wohnungen deshalb zu stürmen. Die Transparente dürften angeblich nicht hängen.

Mit Hilfe des Ermittlungsausschuss konnte die Situation offenbar entschärft werden.

Die Polizei in Hamburg scheint heute wirklich alles getan zu haben, dass die Nazidemo sauber durchgeführt werden konnte.
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Kaff auch Mare Crisium

Dank dieses Beitrags in der de.rec.buecher auf eine neue Seite zu „Kaff auch Mare Crisium“ von Arno Schmidt aufmerksam geworden.
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Radiotipp: Arno Schmidts Gelehrtenrepublik

Morgen wäre Arno Schmidt 90 geworden.

Passend dazu strahlt Deutschlandradio Berlin eine Hörspielfassung der Gelehrtenrepublik aus.
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Evangelischer Bischof Wolfgang Huber zur Kopftuchdebatte

In einem Interview mit der Frankfurter Rundschau äußert sich der evangelische Bischof und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Wolfgang Huber zum Kopftuchstreit:

FR:Ein anderes Thema. Was halten Sie vom Vorstoß des Bundespräsidenten im Kopftuchstreit?

Huber: Dem Ausgangspunkt stimme ich zu: Religiöse Symbole müssen im Blick auf das Grundrecht der Religionsfreiheit gleich behandelt werden. Doch das Tragen des Kopftuchs ist nicht umstritten, weil es ein Ausdruck des islamischen Glaubens wäre, sondern weil es ein politisches Symbol ist. Die Kopftuchpflicht stammt nicht aus dem Koran, sondern gehört in den Entwicklungszusammenhang des Islamismus. Das hat der Bundespräsident gar nicht angesprochen.

FR: Johannes Rau sagt, bei einem Kopftuchverbot sei die Mönchskutte in der Schule nur schwer zu rechtfertigen.

Huber: Seit Geltung des Grundgesetzes gab es meines Wissens keinen Konflikt über das Tragen einer Mönchskutte in einer öffentlichen Schule. Man sollte deshalb nach meiner Auffassung Lösungen suchen, die den Konfliktbereich nicht in unnötiger Weise ausdehnen. Der durch Tradition, Recht und Verfassung definierte Charakter der Schule im jeweiligen Bundesland ist zu berücksichtigen. Auch schulspezifische Gesichtspunkte sind unter Umständen zu beachten. Auch wenn das Bundesverfassungsgericht nun die Regelung durch ein allgemeines Gesetz gefordert hat, sollte man es vermeiden, das Problem nach der allzu deutschen Methode „Alles oder nichts“ zu lösen.

FR: Gibt denn nicht das Bundesverfassungsgericht im Kopftuchurteil Gleichbehandlung aller Religionen als Richtschnur vor?

Huber: Die Gleichbehandlung aller Religionen im Blick auf die persönliche Religionsfreiheit gibt nicht das Gericht, sondern das Grundgesetz vor. Ich bejahe sie ausdrücklich. Ich halte aber für problematisch, wie schon in dem Urteil die Regel auf unterschiedliche Symbole angewandt wird. Ich sehe keinen Grund dafür, dass sich der Gesetzgeber sklavisch an solch problematische Überlegungen hält. Insbesondere muss er berücksichtigen, dass man weder das Kopftuch selbst noch die Behauptung, jemand sei zum Tragen des Kopftuchs verpflichtet, einfach als religiöses Symbol bezeichnen kann. Die große Mehrheit der Muslime in Deutschland lehnt eine solche Pflicht ausdrücklich ab. Ihrer Integration jedenfalls wäre mit der Anerkennung einer Kopftuchpflicht für öffentliche Schulen also nicht gedient. Es fällt mir deshalb schwer zu verstehen, warum behauptet wird, die Zulassung des Kopftuchs sei um der Integration der Musliminnen und Muslime in unserer Gesellschaft willen notwendig. Auch in dieser Hinsicht rate ich zu einer behutsameren Argumentation.

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Immer mehr Polizeirechte

Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Buß (SPD) will die Befugnisse der Polizei für den Zugriff auf Daten von Internet-Nutzern erheblich ausweiten.

Der Datenschutz habe zu hohes Gewicht, Providern müssten die Daten längern speichern und die Polizei brauche Möglichkeiten, Verschlüsselungstechniken zu knacken. Gerade der letzte Punkt bedeutet doch, dass der Bürger kein Recht mehr auf Verschlüsselung und Vertraulichkeit hat.

Quelle: Heise Online
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